Menschliches Erleben

Menschliches Erleben und Verhalten wird grundlegend durch emotionale Prozesse geprägt. Das Gehirn entschlüsselt und verteilt eingehende Informationen in verschiedene Areale des Gehirns und speichert sie. Es ist ein sich selbst kontinuierlich veränderndes Speicherorgan. Hochkomplexe Netzwerke entstehen im Austausch mit Umweltbedingungen. Neben sachlichen Informationen wirken auch unterschiedlich gefärbte Empfindungen, die auch widersprüchlich sein können, auf die Verarbeitungsprozesse ein. Das führt dazu, dass diese emotionalen Wechselbeziehungen zu mehr oder weniger rational gesteuerten Handlungen führen können.

Emotionen sind Frühwarnsysteme des Körpers. Sie sind in unterschiedlichen Hirnregionen verankert und sie entscheiden, ob entweder ein Flucht-, Vermeidungs- oder Angriffsverhalten gezeigt wird.

Die neuronalen Schaltkreise, die an der Übermittlung von Emotionen beteiligt sind, transportieren Reize in hoher Geschwindigkeit, die im unteren Millisekundenbereich liegt. Das garantiert eine schnelle Reaktionsmöglichkeit und sichert das Überleben. Die hohe Geschwindigkeit bedeutet auch, dass die Übermittlung unbewusst verläuft, weil der Prozess der differenzierten Auswertung der Informationen langsamer verläuft (im oberen Millisekundenbereich). Dieser Abgleich unserer Emotionen mit bisherigen Erfahrungen lassen unsere Handlungen flexibel werden. Sie ermöglichen, dass wir unsere Handlungen individuell auf unsere Zielsetzungen ausrichten und Gefahrenlagen einordnen können.

Signalisiert unser Frühwarnsystem „Gefahr“, schüttet unser Körper Stresshormone aus, die dafür sorgen, dass die Informationszentren für die Übermittlung von Emotionen und deren Auswertung entkoppelt arbeiten. Das führt dazu, dass emotionale und körperliche Reaktionen in Fragmenten gespeichert werden (Mandelkern), abgekoppelt von den Ergebnissen der differenzierten Abgleichung bisheriger Erfahrungen (Frontallappen des Gehirns) und ohne zeitliche und räumliche Zuordnung (Hippocampus) oder sprachliche Differenzierung (Broca-Zentrum/Sprachzentrum).

Diese Erinnerungsfragmente können in Alltagssituationen durch Trigger (Hinweisreize) aktiviert werden mit der Folge, dass sich der Mensch unmittelbar, unkontrollierbar und ohne später erworbene Ressourcen in der traumatisch erlebten Ausgangssituation wiederfindet, mit allen traumatischen Affekten, Körperempfindungen und entsprechenden Reaktionen (Flucht-Angst-Erstarren). Geblockt durch Stresshormone kann keine nutzbare differenzierte Abgleichung im Gehirn stattfinden, was das traumatische Erlebnis immer tiefer im Hirnstamm verankert (dysfunktional abgespeicherte Erinnerungen).

Peter A. Levine

"Dass es Traumata gibt, ist eine Tatsache des Lebens. Sie müssen jedoch nicht zur lebenslangen Strafe werden."

Jesper Juul

"Selbst-vertrauen dreht sich um den Glauben, das Wissen und das Zutrauen in das, was wir können […] Selbst-gefühl dreht sich darum, was oder wer wir sind, unabhängig davon, was wir können. Selbst-gefühl setzt voraus, ‚sich selbst‘ zu spüren, sein ‚Zentrum‘ oder seinen ‚innersten Kern‘ […] wahrzunehmen"